Erlebnisbericht von Jean-Loop Kastaun
Am 19.11.2015 haben wir in Krakau das Schindler Museum besucht. Es war interessant zu sehen wie Oskar Schindler den damals verfolgten entgegen kam und ihnen eine Art Unterschlupf geboten hat. In der Ausstellung befand sich viel, was damals in der ehemaligen Fabrik gebaut wurde z.B. Töpfe und Krüge. Außerdem wurden die damaligen Waffen der Nazis gezeigt, Filmausschnitte der Verfolgung und auch gewisse Räume nachgestellt.
Ein Abschnitt der Führung hat mich besonders erschrocken, dazu gehörten Fahnen auf welchen Hakenkreuzen zusehen waren und der Fußboden dieser komplett mit Hakenkreuzen bedeckt war.
So langsam wurde mir klar was uns noch bevor stand, denn vorher hatten wir ein paar Tage um uns die Stadt anzusehen und uns langsam darauf vorzubereiten was an den nächsten Tagen folgen wird.
Ich empfand das Museum als sehr interessant, wobei ich sagen muss, wenn wir zuerst die Lager besichtigt hätten und dann das Museum, dann hätte ich die Museumsausstellung mit anderen Augen betrachtet.
Am 21.11.2015 kamen wir mittags in Oświęcim an. Der Bus wurde leiser als wir neben dem 3 Meter hohem Stacheldraht vorbeifuhren, dieser das erste zu besichtigende Lager umrang.
Es war mir bewusst, dass es jetzt ernst wurde und dies nicht leicht wird für mich. Jedoch war die Unterkunft sehr erholsam und die Zimmer Klasse.
Sonntag, 22.11.2015
Der Parkplatz vor dem Lager war alles andere als ein schöner Ort um aus zu steigen. Nur wenige lachten oder machten gar einen Witz, egal welcher Art.
Jeder bekam Kopfhörer und ein Modul womit man der Sprachführung einer Dame durch das Lager folgen konnte. Schon die ersten Schritte brachten mich zum Nachdenken „Arbeit macht Frei“. Ich wusste das durch dieses Tor ganze Massen von Menschen durch gelaufen sind. Der Gedanke dort zu stehen und zu wissen, das jeder Mensch der an der Führung Teil nahm später wieder zu hause ist oder in die Unterkunft fährt machte mich traurig, denn damals ist fast niemand wieder herausgekommen.
Im weiteren Verlauf sahen wir Koffer mit Namen von ehemaligen Häftlingen darauf, eine riesige Menge. Tausende Kilo von Haaren und zu viele Kinderschuhe, Töpfe, Kleidung, Brillen. Ich war erschüttert und spürte eine Wut wie ich sie noch nie erfahren hatte. Ich musste mich sehr zusammenreißen nicht zu weinen.
Mit der Zeit wurde es nicht besser, da ein Buch von einer Größe eines Wohnzimmers folgte in dem jedes verstorbene Opfer der Nazi Herrschaft stand.
Ich traute mich nicht Fotos zu machen oder mit meinem Nachbarn zu reden, es war nicht richtig sich jetzt mit anderen Dingen zu beschäftigen. Zuletzt gingen wir durch das verbleibende Krematorium. Die verbleibenden Kratzer an den Wänden unterstrichen noch einmal die Ernsthaftigkeit und die Traurigkeit die ich fühlte.
Später dann saßen wir in einem Stuhlkreis um uns gegenseitig unsere Eindrücke zu schildern.
Ich jedoch konnte nichts sagen ich musste mich mit jedem Atemzug darauf Konzentrieren nicht in Tränen auszubrechen. Meine engsten Freunde haben sich auch schwer getan damit. Beiträge von anderen faszinierten mich und machten mich glücklich da ich nicht der einzige war der genauso dachte wie ich.
Bis zudem Zeitpunkt hatte ich Angst, dass ich der einzige bin den das so dermaßen schwer getroffen hatte. Jedoch fiel es mir schwer überhaupt einen Ton herauszubekommen bis auf „nein ich kann jetzt nicht darüber reden“.
Nach dem Stuhlkreis gingen meine Freunde und ich zu fünft auf ein Zimmer und haben uns in einer kleinen Gruppe komplett geöffnet. Nicht nur mir tat es sehr gut endlich die Traurigkeit raus lassen zu können. Wir haben nicht nur über den heutigen Tag in Auschwitz geredet, sondern auch darüber weshalb man seine Gefühle in der Öffentlichkeit nicht offen zeigen will. Ich fand diesen Stuhlkreis extrem schön, weil ich gesehen habe das wir Menschen doch einigermaßen gleich ticken, dass wir über Erfahrungen wie diese gleich denken und das selbe empfinden. Die Emotionen im Stuhlkreis fand ich einfach Wahnsinn.
Montag, 23.11.15
Am nächsten Tag fuhren wir ins Lager Birkenau, etwas so Grauenvolles habe ich noch nicht erlebt. Dieser riesige Turm und die vielen kleinen Hütten unfassbar ekelerregend.
Mein erster Gedanke war:
„Menschen mit einer so ausgeklügelten Mechanik auszulöschen…“. Das Lager kam mir so groß vor wie ein kleines Dorf. Die Bahnschienen, womit Tausende Menschen eingefahren worden sind, ließen mich erzittern. Man fühlte die vielen schlimmen Dinge welche an diesem Ort geschehen sind.
Jedoch schien die Sonne auf diesen Ort herunter auf die Wachtürme, auf den Wagon, auf die Krematorien, indem Moment dachte ich, dass Sonnenstrahlen einfach nicht an diesen dunklen Ort gehören.
Der Persönliche Bezug zu dem was dort passiert ist erfuhr ich bereits an dem Tag davor, dadurch konnte ich mich genau in die Geschichte des Lagers und in die Menschen hineinversetzen.
Am Abend wurde wieder ein Stuhlkreis gebildet. Ich konnte jedoch erst reden als der Kreis verkleinert wurde. Ich schämte mich nicht mehr vor teilweise unbekannten Leuten eine Träne zu verlieren. Wie gesagt wir sind alle gleich. Wir fühlen gleich. Wir sind Menschen.
Ich für meinen Teil kann sagen das ich mehr als „nur“ Erfahrungen mit nach Hause gebracht habe.
Meine Denkweise und Sichtweise hat sich geändert über manche Dinge. Meine Freunde sind auch wie ich viel offener geworden, über ernste Dinge zureden, die sie wirklich traurig machen. Das sich keiner vor dem anderen schämen muss, wenn ihm die Tränen kommen.
Ich fand das Engagement der Lehrer extrem besonders, dazu das Mitgefühl, die Planung und der Umgang mit einander. Ich bin froh das ich Teil dieser Fahrt sein konnte. Danke!
Jean-Loup Kastaun
Erfahrungsbericht von Ralieesha Ravinthirarajah
In den letzten Tagen haben wir Krakau kennen gelernt, wo wir auch das ehemalige Jüdische Ghetto und Schindlers Fabrik und die schönen Sehenswürdigkeiten besichtigt haben. Krakau ist eine schöne Stadt mit vielen Aktivitäten, die man auf den Straßen sehen kann und mir ist aufgefallen, dass in jeder Ecke Polnische Brezeln in kleinen Waagen am Straßenrand verkauft wurden. Leider habe ich nicht die Zeit gehabt eine zu kaufen und zu probieren.
Am Samstag sind wir dann von Krakau nach Oświęcim umgezogen und haben uns im Jugendhostel gemütlich gemacht, nachdem haben wir uns die Geschichte des Jugendhostels angehört und die Regeln besprochen haben. Am nächsten Tag sind wir zum Stammlager Auschwitz I gefahren und haben uns dort die Bilder und Geschichten der Opfer angesehen und gehört. Ich habe mich sehr unwohl gefühlt. Ich bekam Angst. Die gehörte und gesehene Gewalt machte mir Angst. Die Häftlinge wurden geschlagen, misshandelt und ermordet.
Als ich die echten Haare der Juden gesehen habe, habe ich ein Zittern im ganzen Körper gefühlt und mir war schlecht wie grausam Menschen sein können.
Ich fragte mich während der ganzen Führung:
“Warum man unschuldige Menschen und auch noch ahnungslose Kinder und Babys kaltblütig umbringen konnte, ohne sich schlecht zu fühlen“. Ich werde die Orte, die ich gesehen habe, an denen unschuldige Juden kaltblütig getötet wurden, nie vergessen. Bei jedem Block, in den wir reingegangen sind, hatte ich ein merkwürdiges Gefühl und ich habe mich wie ein Jude gefühlt. Die Insassen wurden behandelt wie Tiere.
Das KZ-Stammlager Auschwitz war einer der kleinen KZ-Lager, aber es wurden tausende Juden getötet und deren Sachen geplündert. Sie haben einfach alles den Juden weggenommen, wenn ich das alles höre, macht es mich richtig traurig und wütend. Jeder Mensch hat ein Recht auf Privatsphäre. Den Nazis aber war es egal, nur sie sollten alles haben und wollten Macht über die Juden haben.
Als ich wieder am Eingang war habe ich mich so schlecht wie nie gefühlt und bei manchen Bildern war ich sehr emotional und war kurz vor dem Weinen. Ich wünsche mir, dass so was nicht nochmal passieren kann, auch nicht mit anderen Menschen. Jeder hat ein Recht auf seine Freiheit und seine Meinung.
Ich sage euch nur eins, überlegt mehrmals bevor ihr Ausländer oder aktuell Flüchtlinge beleidigt und beschimpft oder über deren Religion oder Hautfarbe schlecht redet. Jede Religion ist was Besonderes, man kann immer was dazu lernen. Wenn ihr mir nicht glaubt, dann fahrt selbst nach Auschwitz zum KZ-Lager und seht es euch selber an.
Das wichtigste im Leben ist für mich, für andere Menschen da zu sein, egal wie sie aussehen und aus welcher Religion sie kommen. Jeder Mensch ist gleich und jeder ist was Besonderes und beurteilt nicht Menschen, die ihr selber nicht kennt und lernt die Menschen kennen.
Ralieesha Ravinthirarajah
Lehrereindruck von Wolfgang Kayser
In den letzten Tagen war ich mit 45 Schülerinnen und Schülern und vier Kollegen in Polen. Auf der Gedenkstättenfahrt haben wir in Krakau Schindlers Fabrik mit der Ausstellung über die Okkupation und Befreiung Krakaus und bei einem Stadtrundgang das ehemalige Ghetto, das jüdische Viertel und die Altstadt kennen gelernt. Danach sind wir nach Auschwitz in die Internationale Jugendbegegnungsstätte umgezogen und haben nach einem Seminartag an den folgenden Tagen das Stammlager Auschwitz I und das Vernichtungslager Auschwitz II – Birkenau besucht. Abends gab es jeweils Reflexions- und Austauschrunden um das Erlebte zu verarbeiten.
Während wir in Krakau inhaltlich eher vorbereitet wurden, haben uns im Stammlager Auschwitz die Schrecken der Vernichtungsindustrie der Nazis voll getroffen. Bei bedecktem Himmel, der das Düstere der Szenerie nur noch filmreif untermalte, konfrontierten die Ausstellungen schonungslos mit Einzelschicksalen, die in Summe die bestialischen Ausmaße des Holocaust auf uns einwirken ließen. Einigen der Schülerinnen und Schüler war das zu viel, sodass auch Tränen flossen. Danke an Michael Adams, dass er sich denen in erster Linie angenommen hatte, denn ich kannte die Ausstellungen noch nicht.
Der Besuch in Birkenau wirkte dann nicht mehr so extrem stark. Einerseits hatten wir wirklich Glück mit dem Wetter, sodass das Szenario insgesamt nicht so düster war, andererseits hatte man aufgrund der relativen Weitläufigkeit des Geländes auch die Möglichkeit, den Blick kurzzeitig vom Eindruck des direkten Schreckens abzuwenden, mental zu entspannen. Das hat uns aber nicht davor bewahrt die nahezu nicht enden wollenden Ausmaße des Geländes der größten Vernichtungsmaschinerie Europas in ihren Dimensionen zu erfahren.
Besonders bei den Reflexionsrunden nach den Besuchen von Auschwitz I und II hat sich herausgestellt, wie stark die Jugendlichen und jungen Erwachsenen von den Eindrücken, die sie gesammelt hatten, berührt wurden. Sie waren in der Lage zu Personen, die sie erst kurz kennen, da sich aus unterschiedlichen Klassen und Bildungsgängen kommen, über ihre Gefühle und Empfindungen zu reden und haben diese letztendlich auch in aktuelle Handlungsbezüge transferiert. Hier haben wir nicht nur einzelnen jugendlichen politische Bildung ermöglicht sondern auch einen weiteren Schritt für den Zusammenhalt innerhalb der Schule geschaffen.
Besonders gefreut hat es mich, mit welcher Tiefe die Jugendlichen der beruflichen Grundbildung die Erlebnisse kommentiert und wahrgenommen haben. Heute hat es schon die ersten intensiven Erfahrungsaustausche in diesen Klassen gegeben. Ich war meinen Schülerinnen und Schülern emotional noch nie so nah, wie in diesen Tagen, habe selbst extrem viel gelernt und werde sicherlich alles dafür machen, dass wir solche Fahrten auch zukünftig durchführen, auch wenn es extrem anstrengend war.
Wolfgang Kayser, Leiter der Fahrt
Persönlicher Eindruck von Ilka Essers
Wie konnten Menschen so viel Leid, Gewalt und Folter anderen Menschen antun?
Eine Frage, die mich schon als Jugendliche immer wieder bewegt hat. In Gesprächen mit meiner Großmutter und mit meinen Eltern rückte das Unverständnis darüber, wie es möglich war, so viel Leid zuzulassen, immer wieder in den Mittelpunkt.
Die Bildungsfahrt nach Auschwitz gehört für mich zu den Höhepunkten einer intensiven Auseinandersetzung.
Dort überkam mich Scham und Trauer. Wie nie zuvor spürte ich die Achtung und den Respekt vor dem menschlichen Leben. Die Konfrontation mit dem Tod, der Demütigung und Versklavung der Opfer rührte mich zu Tränen.
Versöhnlich und sehr bestärkend waren die Gespräche mit den Schülerinnen und Schülern. Das Zusammenwachsen der Gruppe und hat die Beziehungen und den Austausch insgesamt intensiviert.
Ich spürte den Willen in der Gruppe sich für Toleranz, Akzeptanz und Vielfalt in der Schule einzusetzen. Im Gespräch darüber zu bleiben, wie Demokratie lebendig und nachhaltig gestaltet werden kann.
Ilka Essers, pädagogische Begleitung
27. Januar 2016 – Politik fällt aus dem Rahmen
Auschwitz – Geschichte hautnah erlebt!
71 Jahre danach
„Flucht vor Terror und Gewalt – ein Menschenrecht?!“
Programm:
Ausstellung zur Fahrt Auschwitz
8.00 Uhr Begrüßung Schulleitung
8.10 Uhr Motivationsrede Florian Renz, Schüler SOR-SMC
8.25 Uhr Impulsreferat: Nelly Foumba, Jugend ohne Grenzen e.V. Hamm
9.00 – 11.30 Uhr Workshops
„PEGIDA – HOGESA und Co – trifft auf Widerstand!“
Ideen, Meinungen gegen Angstmache
Leitung: Dario Schach und Christina Möllers
„Fluchtgeschichten in den Medien“
Leitung: Verena Droste, Multikulturelles Forum Lünen
„Lebensgeschichten sind keine Märchen“
Biografien – Schüler im persönlichen Gespräch – Gegen Vorurteile und Ausgrenzung
Leitung: Ilka Essers, Schulsozialarbeit
Politik fällt aus dem Rahmen
Die kreative und visuelle Umsetzung der Ergebnisse als „Gestaltung von Keilrahmen“ ist Teil des Workshops!
12.00 Uhr Plenum – Vorstellung der Ergebnisse
13.00 Uhr Pressegespräch
14.00 Uhr Verabschiedung
Danksagung an alle Helfer und Unterstützer
An die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Bildungsfahrt, die Ihre gemeinsamen Erlebnisse und Erfahrungen nachbereitet haben.
Einige Schülerinnen und Schüler haben ihre Eindrücke in Erfahrungsberichten oder in ausführlichen Reiseberichten verarbeitet.
Andere wiederum haben die Ausstellung und wichtige Inhalte vorbereitet und zusammengestellt. Die Organisation des Thementages erforderte Hilfe, die von Schülerinnen und Schülern übernommen worden ist.
Am Thementag haben insgesamt 65 Schülerinnen und Schüler teilgenommen.
Die Internationale Förderklasse mit 23 geflüchteten jungen Menschen aus dem Irak, Somalia, Afghanistan, Albanien haben gemeinsam mit TeilnehmerInnen der Bildungsfahrt im Workshop „Fluchtgeschichten sind keine Märchen“ Begegnung und Austausch möglich gemacht.
Das gemeinsame Arbeiten und verarbeiten von Ursachen, Gefühlen und Haltungen zum Thema „Flucht vor Terror und Gewalt“ in den Workshops hat die Schulgemeinschaft fühlbar zusammengerückt.
Darüber wird noch mal ganz deutlich, welche emotionale Bedeutung die individuellen Erfahrungen auf die demokratische und menschliche Persönlichkeitsentwicklung eines jeden Teilnehmers hatte.
Es hat viel bewirkt, die Begegnung mit der Geschichte und der anschließenden gegenwärtigen politischen Lage Europas und der Welt.
Im Namen aller Beteiligten gilt der Dank allen Unterstützern und Sponsoren der Fahrt:
- Bethe Stiftung
- Deutsch-Polnisches Jugendwerk
- Steag, Essen
- Gebr. Möller GmbH & Co.KG
- Georg Ehrenbrusthoff, Schornsteinfegermeister und Energieberater
- Autohaus Trompeter, Lünen
- Monika Gniszewski
Schüler unterstützen Schüler:
- Karin Lukosch Hermann
- Volker Marx und Claudia Trantow
Wir danken den begleitenden Kollegen und allen Lehrerinnen und Lehrern, die diese Fahrt in ihrem Unterricht mit vorbereitet haben.
Fotos: Wolfgang Kayser